Axel Becker

Schauspieler / Sänger

Leidenschaft, Interview, Freiheit

Heute hat es mich mal wieder deutlich „gepackt“.
Das war ein Moment, in dem „alles zusammenkam“.
Ein Erkennen, ein Aufatmen.
Glücklich.

Eigentlich ging ich „nur“ einen Text durch, den ich bald singen muß.
Ein Spaziergang am Rhein in schöner Gesellschaft…
Und eine Textzeile, die ich schon öfter gehört hatte, erreichte mich so, als hörte ich sie wirklich heute zum ersten Mal.

„I never trusted me completely,

so I never could be free“

(Ich frrreue mich sooo, das Lied bald singen zu können! Mit Volker Hauswald, dem Gitarristen von Finsbury Park und Gitarrenlehrer bei Stagefit)

Auf einmal merkte ich, dass dieser Satz so etwas sein konnte, wie die „eingedampfte“ Lehre, mit der ich vor einiger Zeit eine der Staging-Stunden bei Stagefit zugebracht habe.

Es ging um Nervosität bei einem Interview, das als Film vorlag. Was kann man da machen?

Wir haben herausgearbeitet, dass es Gedanken über un-erkennbare, zusätzliche Anweisungen waren, die die Nervosität ausgelöst haben. Solche Gedanken, die fragen, ob der Blick zur Kamera jetzt „besser“ wäre als der Blick zum fragenden Moderator… was dabei herauskam, war ein sichtbares „Flattern“ zwischen den beiden Möglichkeiten. Die Nervosität war also sichtbar geworden dadurch, dass die Entscheidungshoheit, wohin geguckt werden soll, ausserhalb der eigenen Wahrnehmung gesucht wurde.

Wir kamen darauf, dass es für diese Situation vollends ausgereicht hätte, die tatsächlich vorhandene Situation wahrzunehmen.
Aha, es gibt zwei mögliche Focus-Punkte, die Kamera und den Moderator… und damit beide angesprochen werden, kann man nacheinander beide angucken. Nacheinander, aber jedes Mal wirklich und richtig.

Falls es überhaupt etwas zu sagen gibt darüber, ob „mehr Kamera“ oder „mehr Moderator“ angeguckt werden soll, dann ist der Moment des Interviews nicht der Moment, wo Raum dafür wäre, sich darüber klar zu werden, was „besser“ ist. Sich Gedanken über diese Einschätzung zu machen, bedeutet, Aufmerksamkeit von der tatsächlichen Situation abzuziehen, also weniger präsent zu sein.

Also reicht es, sich in der Situation, die gerade da ist, einfach nach den Eindrücken zu richten, die man gerade wahrnimmt.
Das simple Wahrnehmen der Situation und simple, klare Entscheidungen zu treffen (jetzt zur Kamera…jetzt zum Moderator gucken…jetzt wieder Kamera…), anstatt gedanklich eine Anweisung zu suchen, die es gar nicht gibt, wäre in der Interview-Situation die Lösung gewesen.

Der eigenen Wahrnehmung der Situation zu vertrauen hätte bedeutet, frei von Moment zu Moment die nächste angemessene Entscheidung treffen zu können, anstatt sich von Gedanken über „bessere“ und „schlechtere“ Blick-Entscheidungen sichtbar nervös zu machen und sich ein Stückchen aus der tatsächlichen Situation zu verabschieden. (Kennen wir uns nicht alle auch als Angst-Zombies?)

Einer der Gedanken, die ich in verschiedenen Formen immer wieder lei-den-schaft-lich im Unterricht äußere heißt: Achte immer ein bisschen mehr auf Deine Wahrnehmungen, als auf Deine Gedanken.

Aus verschiedenen Gründen wählen viele Menschen in vielen Situationen, mehr der möglicherweise vorhandenen Expertise von aussen zu vertrauen, als ihren tatsächlichen eigenen Wahrnehmungen.

Das, was in dem Interview den Eindruck von Sicherheit und Freiheit der eigenen Entscheidung vermittelt hätte, wäre also ganz schlicht gewesen, die Frage „Was nehme ich gerade wahr“ wichtiger zu nehmen als jeden anderen Gedanken.

Und DAS haben wir dann so richtig geübt, mit lauter Übungs-Interviews…

Während ich solche Gedanken und Entscheidungsmöglichkeiten „an den Mann“ bringe, empfinde ich mich als leidenschaftlichen Lehrer. Aaahh. Ja. Und ich freue mich, wenn daraufhin die Schüler auf der Bühne, vor der Kamera und im Leben freier werden. Ich merke auch, wie meine Berufs-Bereiche Bühne und Spiritualität sich hier treffen. Die Präsenz auf der Bühne hat sehr viel mit dem „Jetzt“ zu tun, das ich bei der Meditation Montags lehre.

Selbstvertrauen ist eine Wahl, die Freiheit hervorbringt.

Die negative Entsprechung dieses Gedankens, als lyrische Formulierung im Liedtext, traf mich also heute wie ein „oh, das bin ja ich!“ … und das darf ich dann singen…:

“I never trusted me completely,
So I never could be free”

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